Michaelina Wautier ist Künstlerin, genauer gesagt: Malerin. Eine Barockmalerin, über die wir noch wenig wissen. Eine Frau, die sich in ihrer Zeit über Regeln und Konventionen hinweggesetzt hat und von der Kunstgeschichte vergessen wurde. Erst in jüngster Zeit wird ihr Werk wiederentdeckt. Das Rätselhafte beginnt schon bei ihrem Namen: Geboren als Michelle, gibt sie sich den latinisierten Künstlernamen „Michaelina“.
In frühen Inventaren spricht man auch von Magdalena – eine Verwechslung mit ihrer Schwester, die jedoch gar nicht gemalt hat. Auch wurden ihre Werke zuweilen anderen Künstlern wie u. a. Anthonis van Dyckarrow_outward oder ihrem Bruder Charles Wautierarrow_outward zugeschrieben, mit dem sie sich vermutlich eine Werkstatt teilte.
Aber wer war Michaelina Wautier?
Aller Anfang ist … unsicher
Das wenige, das uns heute über Michaelina Wautier bekannt ist, beschränkt sich auf einzelne Lebensdaten. Schon bei einer genauen Angabe ihres Geburtsjahrs müssen wir passen: Nach neuesten Forschungen wurde sie vermutlich um 1614 in Mons (wallonische Provinz Hennegau, heute Belgien) als eines von zwölf Kindern geboren. Obwohl Michaelinas Familie nicht dem Adel angehört, wächst sie in einem verwandtschaftlich intellektuell gebildeten Umfeld auf. Zudem unterhält ihre Familie Beziehungen zu den De Merodes, einer der bedeutendsten Adelsfamilien der Südlichen Niederlande, der die Gegend um Mons gehört und die wahrscheinlich bei der Förderung einiger Kinder der Wautiers entscheidend mitgewirkt hat.
Auf dem Sprung nach Brüssel
1638 verstirbt Michaelinas Mutter, ihr Vater starb schon 1617. Ob Michaelina Wautier da bereits in Brüssel lebt, ist nicht bekannt. Sie ist vermutlich ungefähr 25 Jahre alt, findet sich aber in keinem Melderegister oder Zunftbuch in Brüssel. Dieser Umstand macht es äußerst schwierig bis unmöglich, ihre Bewegungen nachzuvollziehen. Es gilt als wahrscheinlich, dass Michaelina und ihr älterer Bruder Charles, der als Maler tätig ist, mithilfe der De Merode-Familie als malende Geschwister ihren Weg nach Brüssel und damit zu den kunstinteressierten Adeligen ihrer Zeit gefunden haben. Ob Charles, der als Mann die Möglichkeit gehabt hat, eine reguläre Malerausbildung zu absolvieren, nach seinem Abschluss der Lehrer seiner Schwester wird, kann nicht mit Sicherheit geklärt werden. Möglicherweise bekam Michaelina auch bereits in Mons eine malerische Grundausbildung.
Dynamisches Duo: Michaelina und Charles Wautier
Der Umzug der Geschwister nach Brüssel – wann auch immer dieser genau stattgefunden hat – markiert ein wichtiges Ereignis in Michaelina Wautiers Leben. Ob Charles eine Studienreise nach Italien gemacht und Michaelina ihn dabei eventuell sogar begleitet hat, ist noch nicht geklärt.
1642 mietet Charles ein geräumiges Haus. Wann Michaelina zu ihm nach Brüssel kommt, ist nicht nachvollziehbar, es wird jedoch angenommen, dass sie in den 1640er Jahren zu ihm zieht. Bleibt die Frage, ob sie gemeinsam gearbeitet haben oder jeder seinen eigenen „Geschäften“ nachging. Beider Beziehung muss jedoch besonders eng gewesen sein, da Michaelina in ihrem 1662 verfassten Testament ihren gesamten Besitz Charles hinterlässt. Beide wohnen bis zu Michaelinas Tod 1689 zusammen. Besonders bemerkenswert ist, dass es über Michaelina Wautier keine zeitgenössischen Berichte zu ihr als Person oder ihrem künstlerischen Werk gibt. Charles Wautier hingegen wird als wichtiger Maler seiner Zeit in Brüssel sehr geschätzt und stirbt 1703 mit 94 Jahren ebenfalls in Brüssel.
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Foto: Michaelina Wautier, Der Triumph des Bacchus, 1655-1659, KHM - Museumsverband
